weißt du
...die heiterkeit war mir immer zu heiter,
und die traurigkeiten immer eine spur zu theatralisch...
weißt du, sagte er, und redete dabei mit sich selbst,
die größe war mir immer zu groß, die tiefe immer
zu tief, das seichte immer zu seicht, die heiterkeit
immer zu heiter, und die traurigkeiten immer eine
spur zu theatralisch, das helle immer zu grell,
das schnelle zu schnell, das banale zu bescheiden,
die innerlichkeit zu kokett, das tiefgründige zu
anmaßend, der protz zu dumm, die dummheit
zu ahnungslos, das laute zu selbstsicher, das genaue
zu pingelig, das wahre zu humorlos, der glaube
zu unduldsam, die ordnung zu stur, das blauäugige
zu blauäugig, die sanftmut zu heuchlerisch, das
heuchlerische zu unsensibel, die lüge zu platt,
der schmäh zu dick, das eingemachte zu dünn, die
herzensgüte zu penetrant, das penetrante zu eitel,
die eitelkeit zu arglos, das gute zu aufgesetzt, der
dreck zu künstlich, die sauberkeit zu klinisch und
das bedächtige zu gedankenlos. die ironie zeigte
keine distanz und der zynismus war nicht glaubwürdig.
so hatte jedes sein zuviel und zuwenig, vieles
kein gegenteil, aber eines war mir immer und in
jeder situation das schlimmste:
dasbedeutende.
(DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.7.2006)