Ob der deutsche Staat nur neun Jahre nach Auschwitz das Recht hat, sich aus einer "Nachkriegsdepression" zu erheben bzw. inwiefern das "Wunder von Bern" in gesellschaftspolitischer oder wirtschaftlicher Hinsicht wirklich als Wunder bezeichnet werden kann oder darf, war am Freitag u.a. Thema der Tagung "Mehr als ein Spiel. Der Fußball und seine Geschichten" im Wiener Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK). Eingebettet war das ganztägige, für die Öffentlichkeit zugängliche Meeting in die "Project Space"-Veranstaltungen der Kunsthalle unter dem Titel "Games. Kunst und Politik der Spiele", die bis zum 6. Juli stattfinden.
Volksverblödung
Bevor jedoch ernsthaft die vom deutschen Publizisten Jürgen Wertheimer aufgeworfene Frage diskutiert wurde, ob Deutschland die Kriegsschuld im Verlauf der letzten 40 Jahre überhaupt aufgearbeitet hat, lauschte das Publikum den Ausführungen des Historikers Andreas Hafer.
Er referierte über die Anstrengungen von Hugo Meisl, in den 20er- und 30er-Jahren mit Fußball Geld zu verdienen. In diesem Sinne setzte sich der Wiener Ökonom jüdischer Herkunft, seines Zeichens ÖFB- und FIFA-Funktionär, maßgeblich für den (Aus-)Bau von Stadien ein. Schließlich gab es damals noch keine Sponsoren, deshalb musste das Geld, mit dem die Spieler des österreichischen "Wunderteams" – das 1932 den Gewinn der Europameisterschaft feierte – bezahlt wurden, durch Zuschauer lukriert werden. Und damit möglichst viele Menschen zu den Spielen kommen konnten, mussten die Wettbewerbe attraktiv sein – aus diesem Grund "erfand" Meisl die Europameisterschaft.
http://kurier.at/kultur/165817.php